Leseprobe 24 Spiel- und Standbein

                                                                    Das Spiel- vor lauter Standbein nicht sehen

Man hat uns gelehrt, es sei gut und richtig, mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen...

...Hat denn der neuzeitlich-moderne Mensch die andersartige Seinserfahrung der griechischen Zeit vergessen, als die menschliche Existenz gerade mal in ein sinnliches Dasein hinein oder heraus erwachte, damals, zum allerersten Mal innerhalb der Menschheitsgeschichte, nüchtern und ganz-wach, aus-sichts-reich---zu-ver-sicht-lich---all-ge-gen-wär-tig  ins Sein blickend, wie erwacht aus einem zuvorigen kosmischen Traum heraus?

Die Griechen wussten es noch: Der Mensch soll nur ein Standbein haben, denn er braucht auch ein Spielbein, um in seiner Existenz beweglich zu bleiben, offen, empfänglich, so dass er aus jeder erdenklichen Zeit und Geschichte und Gegenwart heraus immer wieder neu wird entscheiden können, wo und wie er denn nun am besten auftrete, um in allen möglichen und unmöglichen, ihm geschichtlich und geistesgeschichtlich widerfahrenden Wirklichkeitsgeschehnissen und Veränderungsprozessen nicht aus der Bahn geworfen zu werden, oder unter die Räder oder das Rad der Geschichte zu kommen, sondern einen stets neu austarierbaren festen Stand finde, um so im kosmischen Seinsprozess wahr-haft be-ste-hen zu können?

Dieser Text basiert auf den Artikeln "Spielbein" (externer Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Spielbein) und "Kontrapost" (externer Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Kontrapost) aus der freien Enzyklopädie "Wikipedia" (externer Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite) und steht unter der Lizenz "Creative Commons CC-BY-SA 4.0"(externer Link: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode.de). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren des Artikels "Spielbein" und des Artikels "Kontrapost" verfügbar, dort jeweils unter dem Reiter "Versionsgeschichte". Abrufdatum der Artikel: 16.01.2024.

Man hat uns Glauben gemacht, wir hätten einen Gewinn und Vorteil daraus gezogen, einen festen Stand zu haben, also nur Standbeine, nämlich unsere Realorientierung und Bodenhaftung, wobei uns die geistesgeschichtliche Entstehung und Herkunft dieses neuzeitlichen "Begriffs des Realen" verschwiegen und unterschlagen wurde, als sei dieser Begriff an und für sich selbst selbsterklärend, selbstverständlich, so dass ein weiteres Nachdenken nicht indiziert sei, weil seine "überzeitliche Gültigkeit" schlicht "evident" sei? Etymologisch steht dahinter aber die res, das Ding, die Sache, die uns eine dinglich-unbewegliche "Real-ität" suggeriert, während früher eine bewegliche und in Bewegung befindliche "Wirk-lichkeit" als real empfunden war, in der ein Spielbein und somit ein Kreativ-Spielraum des animal rationale in seiner Weltorientierung

                                                                             noch sinn-voll und sicht-bar und mög - lich war?

Ich frage mich, ob nicht ein Kausalzusammenhang besteht zwischen unserem gegenwärtigen Sachlich-Sein und unserem geistesgeschichtlichen Geistlos-Geworden-Sein, die Geistwelt-Losgeworden-Sein, Lose-Geworden-Sein-vom-und-im-Geist...? Es mag ja sein, dass unsere Jungen heute geradezu strotzen vor physischer Gelenkigkeit und Frei-Beweglichkeit, heute schon als Kleinkinder! Was aber, wenn dieser - gelungene - Außen-Beweglichkeits-Anschein nur die Kehrseite eines innerlich-geistigen Komplett-unbeweglich-Gewordenseins wäre, weshalb unsere Jungen ja - näher besehen - nicht nur Sport treiben, sondern auch noch Schlagersongs hören wollen/müssen, so dass aus ihnen gar nicht so sehr Jung-Frisch-und-Kräftiges strotzt, eher ein greisenhaft-verfahrenes, hoffnungslos-hilfloses Ratlosigkeits-Suchen heraustönt, sofern überhaupt noch etwas tönt und nicht schon in sich gänzlich verstummt ist, weil doch eine Zu-kunft schließlich Zu-versicht zur Voraussetzung hat oder haben würde oder gehabt hätte? - Sie sollen oder sollten unsere Wirklichkeit übernehmen und fortsetzen, sehen sich selbst aber weglos, a-poretisch, in einer Real-Sackgasse, aus der sie sich musisch zu befreien versuchen, nur dass sie den rech-ten Ton nicht mehr find-en kön-nen, weil sie vom

                                                                                   Tö-nen des Men-schen als sol-chen

nichts mehr wissen, nicht einmal mehr erahnen können, weil es ihnen (und auch uns schon) ausgeredet oder auch ausgeflüstert wurde? Und weil sie darüber heute in Zweifel gekommen sind, so dass sie sich zu diesem ihrem Wirklichkeits-Stocken auch offen bekennen wollen, damit wenigstens zwischen ihrem eigenen Innen und ihrem eigenen Außen EIN-KLANG bestehe, uns voraus, die wir dieses unmerklich-sinkende Generations-Soufflieren noch als bare Münze der Wahrheit und Wirklichkeit, d.h. des geschichtlichen Weiter-Ganges-der-Dinge einfach hingenommen hatten und auch weiterhin - störungs- resp. gedankenfrei - hinzunehmen gewillt sind?

...als wäre das stille Abwärts im lauten Vorwärts nicht längst erkennbar geworden...

Daher hat sich das "Haltung haben" oder "Contenance bewahren" irgendwie merkwürdig verschoben, im Generationenfluss, eine neue Bedeutung erlangt, indem nun das Individuum gewillt ist, sich nicht mehr zu ducken oder zu verstecken innerhalb der Masse, ein geschichtliches Dahingetrieben werden im Gesellschaftsstrom nicht mehr als "aus Prinzip und von Anfang an richtig" einfach hinzunehmen, anzuerkennen, nach- und mitzumachen, sondern als es selbst offen dazustehen innerhalb der umgebenden Gesellschaft, wie ein Fels, wie ein erratisch-errarischer Block oder auch ungesuchter Findling, der eine irritierte, konsternierte Gesellschaft der Älteren und Alten sich gegenüber weiß und einfach stehen bleibt, als erkennbares wenngleich unanerkanntes Fragezeichen der Gesellschaft, ohne dass es innerlich vernichtet würde, als wollte und könnte es sich seine ei-ge-ne Gesellschaft erst noch su-chen und fin-den!?

Junge Einzelne haben heute den Mut, einfach einzeln zu sein, dazustehen wie Fakten des Wirklichen, wie Problemanforderungen oder Aufgabenstellungen - für die Gesellschaft, die selbst irgendwie... überhaupt nicht... da ist... Zumindest vereinzelt kann man schon sehen, wie sie beginnen, es möglich machen, sich... ja, "unmöglich" zu verhalten, indem sie das Handeln, das Leben, das Funktionieren einfach verweigern, weil sie nicht einsehen wollen, dass es gut und richtig sei, Handlanger eines Anderen zu sein, einer Gesellschaft, die nicht die ihre ist, obwohl sie die ihre ist? Ist das nicht irre? - Ja, sie wollen einsehen, aber es geht nicht mehr, es klappt nicht, und sie boykottieren jetzt einfach ein - angebliches - Sich-von-selbst-verstehen-der-Dinge: "Nein, mein gesellschaftliches Mithandeln versteht sich nicht von selbst. Kommt, erklärt es mir, damit ich es auch verstehen - und mitmachen kann. - Warum will es mir denn niemand erklären? Weil keiner es kann? Weil gar kein Verstehen da ist, kein Sinn, der erklärt werden könnte? Erwartet ihr denn ernsthaft von mir, dass ich Vernunft und Verstehen spiele, gesellschaftlich mitspiele, obwohl sie gar nicht vorhanden sind!?"

entnommen: Prolog. Oder Ouvertüre

Website-Aufbau
Prolog. Oder Ouvertüre
0. Einleitung
1. Die Philosophie in der Existenzkrise
2. Das Streben nach Erkenntnis
3. ABC-Versuch (einer neuen Wahrnehmung des alten Seins, aus der angenommenen Misere-Situation unserer Gegenwart der Moderne heraus)