2. Streben nach Erkenntnis - 12. Schluss

12. Vorläufiger Schluss und Ausblick

Mir scheint, in Bezug auf unsere Wissenschaft herrscht heute grundsätzlich die Überzeugung: „Die Wissenschaft ist das Höchste und Beste, wozu menschlicher Geist sich jemals wird aufschwingen können. Sie ist und bleibt der Zenit menschlichen Denkens, menschlicher Geistigkeit.“

Diese Aussage versteht sich so sehr von selbst, dass nicht erkennbar ist, weshalb ich sie hier explizit anführe?

Es wird ja doch wohl niemand hergehen und sagen (können): „Ich mache unsere Wissenschaft nicht mit, denn sie ist nicht das Höchste und Beste, was menschlicher Geist aus sich selbst hervorbringen kann. Sie glaubt dies lediglich von sich selbst, weil sie in ihrer althergekommenen Ratio-Selbstdefinition sich selbst eine entsprechende Ratio-Grenze gesetzt hat, die sie Niemanden ungestraft überschreiten lässt. Wer immer sie überschreitet, hat die „gesicherte Grenze der Wissenschaft“ überschritten, ist also unwissenschaftlich und somit: nicht der Rede wert.

Und eine solche unzulässige Grenzüberschreitung gilt dann für die so genannten Grenzwissenschaften, von welchen ich mir aber nicht sicher bin, ob diese selbst überhaupt einen solchen „Wissenschafts-Anspruch“ haben; oder ob ihnen das „Wissenschaft-sein-Müssen“ aufgezwungen oder angedichtet ist; und ob sie das „blendende Selbstbild unserer Wissenschaft“ überhaupt teilen wollen oder stattdessen als eine Selbsttäuschung der Ratio bereits stillschweigend erkannt, abgelehnt und hinter sich gelassen haben…

Und ich will ausdrücklich anmerken, dass ich diesen – ungewöhnlichen – Text hier nicht hätte verfassen können, wenn ich nicht einen ausgiebigeren, sich über vier Lebensjahrzehnte hinziehenden Einblick in solche „grenzwissenschaftliche Literatur“ genommen hätte, auch wenn ich hier (noch) weitestgehend unterlassen habe, Bezüge herzustellen, um „wissenschaftliche Ablehnungs-" oder auch (verstohlen-emotionale) Abstoßungs-Assoziationen zu vermeiden, neben einigem anderen (bislang) Ungenannten aus meiner Biographie, das von der Gegenwartssicht aus Anstoß erregen könnte, das aber für mich und meine Denkentwicklung eine maßgebliche Rolle spielte und spielt und das ich zugleich nicht als „irreal“ abtun und aus meiner persönlichen Erfahrung des Seins als redundant wegleugnen und wegwerfen wollte.

Die Menschheit ist tief in ein materialistisches Denken gefallen, von welchem aus es sehr schwer geworden ist, fast schon unmöglich, ein alternatives Denken überhaupt ernsthaft ins Auge zu fassen. Und daher haben wir heute ein materialistisches Denken als Normalität, ja als Norm

…und ein etwaiges „Gefallen sein“ unserer Menschheit, weg von ihrer idealen und ideengemäßen Normalität und hin zu einer ideenlosen, materialistischen Abnormalität, ist von hier aus in keinster Weise erkenn- und nachvollziehbar, weil Glaube und Bibel als irreal bereits für obsolet erklärt und ad acta gelegt sind, vielleicht stillschweigend...

Deshalb scheint es mir angebracht, dieser…

Frage eines Alternativ-Denkens

…mit dem größtmöglichen Ernst nachzugehen, den man nur immer aufbringen kann.

Die Menschheit schöpft, was ihre Erkenntnis und ihr Wissen betrifft, nicht gerade aus dem Vollen.

Das Wissen ist erst das Ende des Suchens und somit auch das Ende unserer Wissenschaft. Und wenn unsere Wissenschaft ihr Wissen – und folglich auch ihr Ende - falsch ansetzt, wird sie womöglich geistesgeschichtlich auf der Strecke bleiben, indem Andere, die einen andersartigen Einblick in den Menschen als Geistwesen gewonnen haben könnten, keine Notwendigkeit oder kein Bedürfnis sehen, sie in ihrem Irren zu berichtigen…

Die Psychoanalyse – gefunden im Rahmen unserer Wissenschaft – fällt nicht unter den pejorativen Begriff der Grenzwissenschaften. Sprachlich gehört sie zur Wissenschaft, faktisch ist sie ihr aber transzendent geblieben, indem „die Wissenschaft“ sich nach wie vor so benimmt, als sei sie der "lichtvolle Ratio-Herr ihrer selbst", der sich von unzulässigen Erkenntnis-Übergriffen (= Grenzwissenschaften, wohl auch die Philosophie, insofern sie ins Große und Ganze hinauswill) klar und deutlich abzusetzen wisse

…während "sie selbst" aber keinerlei Wurmfortsätze oder Unbewusstheiten oder Ideologien in sich enthalte. Denn dass „die Wissenschaft“ das Höchste und Beste sei, ist keine Ideologie, ist keine Spekulation, sondern schlicht Tatsache, wie die Wissenschaft klar und deutlich aus sich selbst heraus feststellen kann und feststellt, oder etwa nicht?

Wer nämlich Anderes behaupten wollte, müsste dies ja wissenschaftlich fundiert vortragen können - allerdings hätte er sich hierbei innerhalb ihrer (Wissenschafts-)Sprache und Begrifflichkeit und Selbstverständlichkeit zu bewegen, denn alle anderen Sprachen als die eigene lehnt sie als irrational ab… - Und da nun Anderslautendes weithin nicht wissenschaftlich vorgetragen wird, muss die Wissenschaft folglich das Höchste und Beste sein, das die Menschheit geistig haben kann. - Q. e. d.!!!

Unsere „die Wissenschaft“ wird demnach in alle Ewigkeit hinein sich selbst nicht übersteigen können, nicht über sich selbst hinauskommen können. Aber: Dies ist – aus ihrem Selbstverständnis heraus - überhaupt kein Manko, denn: Wie sollte denn jemand, der schon an der absoluten Spitze steht, der Inbegriff des Innovativen und Progressiven und Allergeistigsten der Menschheit überhaupt ist, der, ja, der beständig laufende Motor unserer Menschheit und Welt ist - wie sollte denn jemand solcher noch über sich selbst hinauskommen können, oder auch nur wollen, wenn er doch schon an der Spitze steht?

Christlicher Geist ist in solchen Überlegungen freilich nicht enthalten...

***

Und so steht unser neuzeitlich-modern gewordener Narzisst „die Wissenschaft“

…wir könnten auch sagen: der Narzisst „die Wissenschaft“ in uns, weil wir uns mit unserer Wissenschaft nun einmal identifizieren (und uns ihrem Reflexionsniveau gleichstellen wollen)…

…der über sich selbst nichts und niemanden dulden und anerkennen will, …

…einzigartig und konkurrenzlos da in der Welt…

…die er selbstverständlich als „unsere Welt“ betrachtet, alle umfassend, auch diejenigen, die sich vielleicht schon stillschweigend von ihm verabschiedet und davongemacht haben…

…davongemacht, resigniert und zugleich schockiert über einen dargelebten Anachronismus einer obsolet gewordenen menschlichen Ratio, die nicht mehr dem Reflexionsniveau der Gegenwart entspricht

…die nun einmal partout nicht aufhören will, an ihre eigene Herrschaftlichkeit zu glauben und die sich deshalb auch weiterhin lieber mit ihren Schatten-Gegenständen oder Windmühlen-Gegnern beschäftigt…

…als mit sich selbst.


Mit diesem Glanz- oder auch Blend-Bild unserer (selbst ernannten?) Erkenntnis-Autorität „die Wissenschaft“, die immer noch ernsthaft glaubt, der Menschheit ihr Wissen diktieren oder weismachen zu können, will ich diese philosophische Gedankenrunde schließen.

Ein weiterer Abschnitt soll dann, im Anschluss an Kant, der Frage gewidmet sein: Braucht die Philosophie auch eine Wissenschaftsform, oder sollten vielmehr unsere Wissenschaften sich zur Philo-Sophie reformieren?

Sehen wir unsere (europäische) Geistesgeschichte an, so scheint sich zuerst die Philosophie als ein eigenständig exoterisches Wissen aus einem (unbekannt gewordenen oder verschütteten) esoterischen Wissen herausentwickelt zu haben (wie beispielsweise Anknüpfungspunkte bei Platon zeigen). Aus der Philosophie sind dann unsere Wissenschaften hervorgegangen, die mit ihrem überdimensionierten Wissensturmbau nun ein Wissen und ein Erkenntnis-Monopol behaupten.

Aber wer weiß: Vielleicht muss ja auch unsere Geistesgeschichte ihre „Runde drehen“ und also eine Kreisbewegung in sich vollziehen, in der zuerst die Wissenschaften wieder rückläufig werden und sich in die Philosophie zurückversammeln, um sich dann aber über sie oder durch sie hindurch ins Esoterische und Weisheitsvolle eines etwaigen subsistierenden Geistes zurück- oder auch erstmals hineinzubewegen...

Insofern wird sich „die Wissenschaft“ - ganz positiv gemeint und konstruktiv - überlegen können, ob sie sich in die Zukunft hinein nicht besser umbenennen sollte in „die zur Wahrheitsfindung Versammelten“, und vielleicht holt sie sich hierbei Rat bei ihrer Stiefschwester, der Geisteswissenschaft, die auch die Theologie in sich birgt und die ja womöglich doch nicht so unbedarft ist, wie es aus naturwissenschaftlicher = materialistischer Sicht aussieht?

Und in dieser - immerhin möglichen - Ratsversammlung mag man dann darüber entscheiden, ob eine Wissenschaft überhaupt sie selbst bleiben könne, wenn sie jemals ans Erkenntnis-Ziel gekommen sein sollte, oder ob sie sich nicht zu etwas Neuem und Anderen konstituieren muss (resp. die in ihr tätigen und ernsthaft und intensiv am Werk befindlichen Intellektuellen der Gegenwart), indem eine erkannte Idee der Menschheit hier unten auf der Erde und unter uns Erdenmenschen doch wohl auch in Wirklichkeit umgesetzt werden sollte?

Heraklit sagt übrigens auch (zumindest sinngemäß): "Panta rhei - Alles fließt."

Dieser Text basiert auf dem Artikel "Panta rhei" (externer Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Panta_rhei) aus der freien Enzyklopädie "Wikipedia" (externer Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite) und steht unter der Lizenz "Creative Commons CC-BY-SA 4.0" (externer Link: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode.de). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren des Artikels "Panta rhei" verfügbar, dort unter dem Reiter "Versionsgeschichte". Abrufdatum des Artikels: 11.02.2024.

Und wir wollen es ihm nicht als Fehler anrechnen, dass er diese unsere „die Wissenschaft“ noch nicht gekannt hat…